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19 June 2022

Bescheidenheit (ein Gedicht)

von Carl-Theodor Olivet

Henry Matisse, Blumenstrauch, 1906.


Ich liebe dich und geb mich dir,
doch  eines musst du mir versprechen:
verrat mir nicht zuviel von dir,
das könnte unser Glück zerbrechen ...

Wie du bedenkst und scherzt und wagst,
das hat ja alles seinen Grund,
dein heller Blick, die vage Furcht, dein kecker Spöttermund ...

Dein Zauber, der dich zart umweht,
nur so bleibt er mir ganz  erhalten,
die Tage, Nächte, Jahr für Jahr,
soll er mir wonnevoll gestalten.

Mahne mich nicht, ich ging zu weit
mit  meinen süßen Tagesträumen,
ich gönn mir  ein Stück Ewigkeit
und möchte nichts von dir versäumen:

Verrat dich nicht, falls du taktierst
und bös mit was mich hintertreibst,
ich hinterfrage ja auch nicht,
ob immer du so einzig bleibst.

Sag nichts dazu, es wär verkehrt,
lass mich mir größtes Glück ausmalen,
es wird schon sein, wie Mutter sagt:
Man müsse einst für alles zahlen.

Wenn´s nicht mehr geht, sag´s kalt und dreist,
so etwas bricht zwar manche Herzen ...
wenns mich auch aus dem Traume reißt,
ich werde es gewiss verschmerzen.


* Theo Olivet ist ein Autor, Künstler und pensionierter Richter in Schleswig-Holstein.

06 November 2015

Gedicht: Freundschaft

Von Theo Olivet geschrieben *

Mit Dank an Tamarris Art Galleries
Eine Kernfrage ist wohl: Woran kann ich Halt finden bei der Suche nach der eigenen Position im Leben. Hilft Freundschaft? Kann man aus gemeinsamer leidvoller Erfahrung Staerke gewinnen? Seine kuenftige Position definieren? Inwieweit kann man auch durch einen Schwachen gestuetzt werden?

Freundschaft

Komm, wir wollen uns verneigen
an diesem uns so sehr vertrauten Ort,
hier schnipstest schnippisch du so manche Kippe fort
und ließt den weißen Rauch  aus deiner Nase steigen.

Und dann, in das so tiefe Schweigen,
das sich oftmals daraus ergab,
hustete ich was Raues ab
und suchte dabei deinen Blickkontakt  zu meiden.

Mal fiel in diese Stille auch ein leises Wort:
Ich laufe morgen vor mir selber fort.
Und Du darauf, ganz unumwunden:
Ich hab noch nicht zu meinem Typ gefunden,
ich bin mir manchmal spinnefeind …
Ich fragte:  Meinst Du oben oder unten?
Dann haben wir lauthals geweint.

Das waren Zeiten! will ich meinen.
So Großes, Mensch!  das kommt nicht mehr,
wir standen da mit beiden Beinen
jeweils in einem Meer von Teer …

Komm, gib mir eine mal von deinen,
denn meine sind jetzt fade im Geschmack,
ich werde anders, will mir scheinen,
mein Innres macht da Knick und Klack,
da rüttelt manches an den Türen…
ich muss da nur noch Strom zuführen.

Die Zigarette,  ja… ich sage Dankeschön,
so wie sie schmeckt und mich im Rauch erinnert,
wie du so schnippisch oft an ihr gefingert,
Du … ja … so hoff ich auf ein Wiedersehn …

*Theo Olivet ist ein Autor, Künstler und pensionierter Richter in Schleswig-Holstein